Asset-Herausgeber

Mobile Money

  Bibliographische Angaben

Mobile Money

Autorinnen / Autoren:
Michael Rothe und Oliver Schmidt
Zuletzt bearbeitet:
Jul 2016
Titel:
Mobile Money
Trendthema Nummer:
27
Herausgeber:
Kompetenzzentrum Öffentliche IT
Titel der Gesamtausgabe
ÖFIT-Trendschau: Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft
Erscheinungsort:
Berlin
Autorinnen und Autoren der Gesamtausgabe:
Mike Weber, Stephan Gauch, Faruch Amini, Tristan Kaiser, Jens Tiemann, Carsten Schmoll, Lutz Henckel, Gabriele Goldacker, Petra Hoepner, Nadja Menz, Maximilian Schmidt, Michael Stemmer, Florian Weigand, Christian Welzel, Jonas Pattberg, Nicole Opiela, Florian Friederici, Jan Gottschick, Jan Dennis Gumz, Fabian Manzke, Rudolf Roth, Dorian Grosch, Maximilian Gahntz, Hannes Wünsche, Simon Sebastian Hunt, Fabian Kirstein, Dunja Nofal, Basanta Thapa, Hüseyin Ugur Sagkal, Dorian Wachsmann, Michael Rothe, Oliver Schmidt, Jens Fromm
URL:
https://www.oeffentliche-it.de/-/mobile-money
ISBN:
978-3-9816025-2-4
Lizenz:
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (CC BY 3.0 DE) http://creativecommons.org/licenses/by/3.0 de/legalcode. Bedingung für die Nutzung des Werkes ist die Angabe der Namen der Autoren und Herausgeber.

Während immer wieder IKT-Unternehmen digitale Zahlungsverkehre als Geschäftsfeld entdecken und zu erschließen versuchen, ist Mobile Money in anderen Weltregionen bereits ein weithin akzeptierter Zahlungsweg. Insbesondere in Ostafrika hat sich der Transfer von elektronischem Geld mit dem Mobiltelefon als Ergänzung und Ersatz für Angebote klassischer Finanzinstitute etabliert. Die dort gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse gilt es, nutzbar zu machen und wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen abzuleiten. Was also lässt sich in Zeiten der Digitalisierung von Geschäftsmodellen bei den Finanzdienstleistungen von Ostafrika lernen?

Verortung von Mobile Money

Mobile Money bezeichnet die Möglichkeit, Geld ähnlich wie bei Prepaid-Guthaben oder bei der Geldkarte elektronisch zu halten und mittels Mobiltelefon an andere zu transferieren. Die Repräsentation von Bargeld durch elektronische Signale schafft die Möglichkeit für digitalen Zahlungsverkehr. IT bietet Finanzinstituten die Möglichkeit, Transaktionen aus ihren Räumlichkeiten auszulagern. Vor dieser technischen Möglichkeit war persönliches Erscheinen respektive die Schriftform unumgänglich, um Zahlungen zu veranlassen. Heutzutage können Transaktionen computerbasiert von zu Hause oder unterwegs durchgeführt werden. Was als Homebanking begann, eröffnet zunehmend auch branchenfremden Unternehmen die Möglichkeit, Zahlungsverkehrsdienstleistungen unabhängig von Finanzinstituten anzubieten. Dincsoy[1] schlägt vor, digitalen Zahlungsverkehr entsprechend seiner Wurzeln in drei Bereiche zu unterteilen: Elektronisches Geld, also Mobile Money, mobile Bankdienstleistungen und Agenten-basierte Bankdienstleistungen. Nach dieser Unterteilung ist Mobile Money der Bereich des digitalen Zahlungsverkehrs, der den Finanzinstituten potenziell am fernsten ist. Im Gegensatz zu mobilen oder Agenten-basierten Bankdienstleistungen erfordert Mobile Money keine Kundenbeziehung mit einer Bank und somit keine Kundenbeziehung zu einer durch die Finanzmarktregulierung erfassten Institution (siehe Blockchain). Hier liegt ein grundlegender Unterschied zu den in Europa und Nordamerika vorherrschenden Formen des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, die sich eher als mobile oder Agenten-basierte Bankdienstleistungen charakterisieren lassen. Im globalen Süden (Afrika, Asien und Lateinamerika) ist dagegen die Möglichkeit, Zahlungsverkehrsdienste von Nicht-Finanzinstituten anzubieten, ein entscheidender Treiber für Verbreitung und Erfolg von Mobile Money.

Elektronisches Geld zählt nicht zu den virtuellen Kryptowährungen, die sich nicht mehr in die obige Heuristik digitaler Zahlungsverkehre fassen lassen. Mobile Money hat keinen direkten Einfluss auf die Geldmenge eines Landes, da die Zahlung vollständig durch gesetzliche Zahlungsmittel gedeckt ist. Die Anbieter müssen ein Konto bei einem Zentralbank-regulierten Finanzinstitut führen, auf dem der Gegenwert des gesamten elektronischen Geldes gehalten wird. Nur durch Einzahlungen bei einer Partnerbank wird elektronisches Geld geschaffen, das dann weiterverkauft werden kann. Allerdings erhöht sich die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, was als Variable in die Geldmengensteuerung Eingang findet. Virtuelle Währungen werden hingegen unabhängig von der gesetzlichen Währung eines Landes geschaffen und unterliegen entsprechend den gleichen Phänomenen wie Inflation und Wechselkursschwankungen. Zudem sind digitale Zahlungsverkehre beobachtbar, während bei Kryptowährungen oftmals eine zu Bargeldzahlungen analoge Anonymität angestrebt wird.

Begriffliche Verortung

Heuristische Definition von »Digitaler Zahlungsverkehr« nach Dincsoy[1]
Gesellschaftliche und wissenschaftliche Verortung

Digitaler Zahlungsverkehr im globalen Nord-Süd-Vergleich

Zentralbanken steuern die Geldmenge auch über den Zwang des Bankensektors, den Kundinnen und Kunden jederzeit auf Wunsch ihre Kontoguthaben in Bargeld umzutauschen. Bargeldhaltung ist mit vielerlei Kosten verbunden. Daher haben Banken, aber auch Unternehmen des Groß- und Einzelhandels, einen starken Anreiz, ihre Kundinnen und Kunden zu geringerer Bargeldverwendung anzuleiten. In Nordamerika sind Kreditkarten und Schecks sehr verbreitet, in Europa Debitkarten wie die EC-Karte. Die EC-Karte war ursprünglich ein grenzüberschreitendes Mittel der Validierung von Schecks. Heutzutage kann man in den meisten Geschäften mit der EC-Karte bezahlen. Ihre Leistungsfähigkeit (Geschwindigkeit und Bequemlichkeit) hängt von der verfügbaren Infrastruktur ab: der Verbreitung von Lesegeräten und der zuverlässigen und schnellen Übermittlung elektronischer Signale von diesen Geräten. In Nordamerika und in Europa wurde diese Infrastruktur fast flächendeckend aufgebaut.

In weiten Teilen des globalen Südens ist diese Infrastruktur nur sehr eingeschränkt verfügbar. Die Lesegeräte und die Gebühren der Anbieter sind verglichen mit dem Umsatzvolumen der meisten Einzelhändler sehr kostspielig, wodurch das klassische Modell des bargeldlosen Zahlungsverkehrs meist nicht wirtschaftlich ist. Geringere Urbanisierungsgrade und unzuverlässige Stromversorgung tragen ebenfalls zur geringeren Verbreitung Karten-basierter Systeme bei. Hinzu kommt der allgemein unzureichende Zugang zu Finanzdienstleitungen. In Niedrig- und Mitteleinkommensländern haben 2,5 Milliarden Erwachsene kein Bankkonto.

Anteil der Bevölkerung ab 15 Jahre mit einem Bankkonto

Quelle: AFI, basierend auf ,FinDex' - Datenbank der Weltbank[2]

Mobilfunkunternehmen als Konkurrenz zu Banken

Demgegenüber haben sich in den letzten zwei Jahrzehnten das Mobiltelefon und die Mobilfunkinfrastruktur im Süden rasant ausgebreitet. Mehr als eine Milliarde Menschen besitzen nun ein Mobiltelefon und noch weit mehr haben Zugang zu einem Mobiltelefon etwa eines Haushaltsmitglieds.[3] In Afrika besitzen mehr als 600 Millionen Menschen ein Mobiltelefon und 65 % der Bevölkerung lässt sich über das Mobilfunknetz erreichen, während nur 23 % über ein Bankkonto verfügen.[4] Mobilfunknetze dienen der Vermittlung digitaler Signale und eignen sich damit auch als Infrastruktur für Zahlungsverkehr. Vor allem vor dem Hintergrund des mangelnden Zugangs zu Finanzdienstleitungen aufgrund des wenig verbreiteten Bankfilialnetzes stellt Mobile Money ein profitables Geschäftsmodell dar. Bis vor wenigen Jahren war oftmals die einzige Möglichkeit des Geldtransfers zwischen Personen der Bargeldtransfer per Bus durch Angehörige oder über Geldkuriere, was unsicher und teuer ist. Diese Marktlücke nutzen vornehmlich Mobilfunkunternehmen, welche gegenüber Banken entscheidende Vorteile bei der Bereitstellung von digitalen Zahlungsverkehrsdienstleistungen haben. Sie verfügen über eine Mobilfunkinfrastruktur, ein breites Netzwerk an Agenten für den Verkauf von Prepaid-Karten (über 95 % der Mobilfunkminuten in Afrika werden über Prepaid abgewickelt) und haben Erfahrung mit Geschäftsmodellen, die auf einer Vielzahl von kleinen Transaktionen basieren.

Das von den Telefongesellschaften angewandte Modell des digitalen Zahlungsverkehrs ist denkbar einfach. Bargeld wird bei Agenten, bei denen es sich meist um kleine, informelle Einzelhändler handelt, gegen elektronisches Geld eingetauscht und auf einer elektronischen Geldbörse gutgeschrieben. Die elektronische Geldbörse liegt auf dem Server des Anbieters und ihr Zugriff wird durch eine PIN geschützt. Im Fall des Verlustes des Telefons bleibt das Guthaben erhalten und kann mit neuer SIM-Karte und alter Nummer wieder verwendet werden. Der Zugriff erfolgt mit Hilfe einer auf der SIM-Karte vorinstallierten Software über das Telefonmenu oder über einen GSM-USSD-Steuerungscode, wie sie auch für andere Providerfunktionen wie etwa Abfragen des Prepaid-Guthabens Verwendung finden. So können digitale Zahlungsvorgänge wie Geldtransfers an andere Nutzer durchgeführt werden. Die Geldbörse ist kein Sparkonto, es werden keine Zinsen ausgezahlt. Das auf der Geldbörse gespeicherte elektronische Geld kann jederzeit wieder bar ausgezahlt werden. Der Austausch von Bargeld und elektronischem Geld wird von sogenannten »Mobile Money Agents« durchgeführt. Sie erfüllen die Funktion von Zweigstellen des Systems. Gebühren werden in Prozent der jeweiligen Transaktion abgezogen.

Geplante und bestehende Mobile Money Dienste (Stand: 2013)

Quelle: Schmidt, basierend auf GSMA[3]

Mobile Money auf der Erfolgsspur

Der Erfolg des Modells basiert auf einer Kombination von technologischem Fortschritt und kontextspezifischem Geschäftsmodell. Mobilfunkinfrastruktur und ‑telefone helfen dem Süden, die Entwicklungsstufe eines auf einem Filialnetz der Banken basierenden Finanzsystems zu überspringen (»Leapfrogging«). Hinzu kommt das auf den Kontext angepasste Geschäftsmodell, in welchem die Agenten eine entscheidende Rolle spielen, da sie durch den Wechsel von Bargeld zu elektronischem Geld bargeldlose Transaktionen erst ermöglichen.

Mobile Money wurde zunächst in den Philippinen angeboten. Mittlerweile gibt es weltweit 219 Mobile Money Dienste in 84 Ländern und mehr als 50 Millionen aktive Nutzer.[5] Der wohl erfolgreichste Dienst wird vom Mobilfunkanbieter Safaricom in Kenia unter dem Namen ‚M-Pesa‘ angeboten. Das M steht für ‚mobile‘ und Pesa bedeutet auf Swahili ‚Geld‘. Dementsprechend wurde dieses Modell unter dem englischen Begriff »Mobile Money« bekannt. 62 % der Erwachsenen nutzen mittlerweile den Mobilfunk- basierten Zahlungsverkehr, davon mehr als 12 Millionen Kenianer regelmäßig. Mehr als 81.000 M-Pesa-Agenten sichern den Zugang zum System.[6] Ein Volumen, das 43 % des Bruttoinlandsprodukts entspricht, fließt durch M-Pesa.[7]

Evolutionsstufen von Mobile Money Diensten

Evolutionsstufen und aktuelle Herausforderungen

Die Entwicklung von Mobile Money folgt üblicherweise drei Evolutionsstufen. Über den Zwischenschritt grundlegender Zahlungsverkehre einschließlich der Bezahlung im Einzelhandel und des Bargeldabhebens am Geldautomaten werden inzwischen komplexere Finanzdienstleistungen wie Sparkonten und Versicherungen angeboten. Zudem werden angepasste Kreditlinien bereitgestellt, zu deren Berechnung auf die historischen Daten aus der Nutzung von Mobile Money und Telefondienstleistungen zurückgegriffen werden kann.

Kernherausforderungen für die weitere gesunde Entwicklung des digitalen Zahlungsverkehrs ist nachhaltiges Vertrauen der Nutzerinnen und Nutzer. Dieses beruht vor allem auf Verbraucherschutz und IT-Sicherheit, Wettbewerb und Netzausbau.

Verbraucherschutz und IT-Sicherheit

Zwar hat es einzelne Fälle von unzuverlässiger Technik gegeben, durch die der unbefugte Zugriff auf die elektronische Geldbörse möglich wurde, in die öffentliche Debatte in Ostafrika sind diese Fälle bisher jedoch kaum eingegangen. In jüngster Zeit gibt es jedoch Anzeichen, dass Kundinnen und Kunden durch nicht klar kommunizierte Gebühren und durch Betrugsfälle Vertrauen verlieren und den Dienst nicht weiter nutzen. Darüber hinaus rücken mit zunehmendem Geschäftsvolumen Datenschutz und Datensicherheit stärker ins Bewusstsein. Anbieter müssen also Transparenz und technische Schutzstandards schaffen und es bedarf Anbieter-übergreifender Verbraucherschutzregeln.

Wettbewerb

Für weitere Innovationen ist vor allem mehr Wettbewerb notwendig. In vielen Ländern nutzen die dominanten Mobilfunkanbieter ihre Marktposition, um kleinere Anbieter aus dem Markt zu halten. Die beträchtlichen Netzwerk- und Größeneffekte der Anwendung erleichtern eine solche Monopolstellung. Das unterdrückt Innovationen und hält die Transaktionspreise auf einem hohen Niveau, wodurch Mobile Money weiterhin vornehmlich für größere Transaktionen genutzt wird und keine vollwertige Alternative zu Bargeld darstellt. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, um sicher zu stellen, dass verschiedene Anbieter mit Dienstleistungen im Kommunikationsbereich konkurrieren.

 

Netzausbau und Netzqualität

Die rasante Verbreitung der Mobiltelefonie im globalen Süden kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Netzabdeckung in vielen ländlichen Gebieten höchst lückenhaft ist. Dies ist einer der wesentlichen Gründe dafür, dass etwa in Uganda nur ein Drittel der ländlichen Bevölkerung Mobile Money nutzt. Hinzu kommt die oft wechselhafte Netzqualität. Die häufigen Störungen führen zu zahlreichen zurückgewiesenen Transaktionen, was sich auf lange Sicht negativ auf das Vertrauen in das System auswirken kann.

 

Themenkonjunkturen

Suchanfragen und Zugriffe auf Wikipedia-Artikel
Wissenschaftliche Publikationen und Patentanmeldungen

Folgenabschätzung

Möglichkeiten

  • Einsatz angepasster Technologien
  • Geschäftsmodelle auch für Kleinstbeträge
  • Nutzerfreundlicher Zugang zu Finanzdienstleistungen in peripheren Regionen
  • Verringerung des Transaktionsaufwandes für bargeldlose Zahlungen
  • Medienbruchfreie Verbindung mit Online- und Mobilangeboten
  • Anstoßen einer Innovationsdynamik im Bereich der Finanzdienstleistungen
  • Erweiterte Datenbasis der IKT-Unternehmen für Ratings und individualisierte Angebote

Wagnisse

  • Gewährleistung hinreichender Sicherheitsstandards zum Schutz des elektronischen Geldes
  • Herausforderungen für etablierte Finanzdienstleister
  • Gewährleistung der erforderlichen Infrastruktur
  • Datenschutzanforderungen bei der Zusammenführung von Daten
  • Sicherstellung des Wettbewerbs angesichts von Skaleneffekten
  • Angemessene Aufsicht über branchenfremde Anbieter von Finanzdienstleistungen
  • Beschleunigung von Zahlungsströmen

Was kann der Norden vom Süden lernen?

Auch im globalen Norden versuchen sich zahlreiche IKT-Unternehmen auf dem Markt für digitale Zahlungsverkehre zu positionieren, um sich damit das Geschäftsfeld der Finanzdienstleistungen zu erschließen. Die Modelle variieren beträchtlich. Sie sind mal eng an klassische Finanzinstitute geknüpft, mal ersetzen sie diese weitgehend und mal beschränken sie sich auf einen engen Anwendungsbereich.

Daraus ergeben sich eine ganze Reihe von wettbewerbsrechtlichen, sicherheitstechnischen und anderen Fragestellungen. Zu deren Beantwortung bieten die Erfahrungen im Süden dem Norden wichtige Denkanstöße.

Infrastruktur und Netzausbau

Infrastrukturbereitstellung erweist sich auch im globalen Norden als Dauerthema, dessen Bedeutung im Zuge des demographischen Wandels eine neue Qualität gewinnt (siehe Peripherie). Der Rückzug von Filialbanken – zunehmend auch von Volksbanken und Sparkassen – aus immer dünner besiedelten Gebieten wirft die Frage nach der Substituierbarkeit ihrer Leistungen durch digitale Angebote auf. Dies erfordert eine leistungsfähige und zuverlässige Infrastruktur, die die Nutzung zeitgemäßer Anwendungen erlaubt.

Sicherheit versus Mehrwert

Angesichts des lückenhaften Banknetzes schafft Mobile Money in Ostafrika einen beträchtlichen Mehrwert, zu dem auch die Vermeidung risikoreicher Bargeldhaltung zählt. Im globalen Norden steht bereits eine etablierte und umfassende Finanzdienstleistungsinfrastruktur zur Verfügung. Dies lenkt den Blick auf die Sicherheit der angebotenen Lösungen (siehe Security by Design). Hier lässt sich ein Spannungsfeld zwischen Einfachheit der Nutzung und Sicherheit der Anwendung erwarten (siehe Usability).

Nicht-Banken als Zahlungsdienstleister

Im globalen Süden spielen Nicht-Banken, vor allem Telefondienstleister, die entscheidende Rolle für Aufbau und Betrieb von effizienten digitalen Zahlungsverkehrssystemen. Aus verschiedenen Gründen, zu denen Fragen der Unternehmensstrukturen und des Zugriffs auf die Infrastruktur zählen, haben sie sich als agiler und schneller bei der Erkennung und Nutzung der neuen technologischen Möglichkeiten erwiesen. Auch im globalen Norden lässt sich eine Vielzahl neuer Anbieter im Markt für Finanzdienstleistungen aktuell beobachten und zukünftig erwarten. Nicht nur große IT-Unternehmen, auch kleiner Anbieter etwa von Vermittlungsplattformen treten in den Markt ein.

Von einfachen zu komplexen Dienstleistungen

Einfache Zahlungsverkehrsdienstleistungen können zum Türöffner für komplexere Finanzdienstleistungen werden. Hierbei spielen Netzwerkeffekte und vor allem die durch die digitalen Dienstleistungen gesammelten Daten eine entscheidende Rolle. Diese ermöglichen die Entwicklung von Finanzprodukten, welche ohne diese Daten gar nicht darstellbar gewesen wären. Im globalen Norden liegen bereits etablierte Instrumente zur Bewertung der Bonität von Kundinnen und Kunden vor. Angesichts dessen stellt sich die Frage, inwieweit sich das Produktangebot mit dahinter liegenden, Daten-getriebenen Geschäftsmodellen verändern wird. Während sich für Kundinnen und Kunden daraus Zugangs-, Gerechtigkeits- und Privacy-Fragen stellen (siehe Digitale Unversehrtheit), lässt sich für die Finanzbranche insgesamt mit einer erheblichen Innovationsdynamik rechnen.

 

Regulierung und Innovation

Regulierer, also oftmals die Zentralbanken, haben bei der Entwicklung von Mobile Money eine wichtige Rolle gespielt. Strikte Regulierung der Finanzinstitute einerseits und Offenheit gegenüber neuen Dienstleistungsideen andererseits waren hier wesentliche Treiber. Global betrachtet hat die Regulierung eine Rolle bei Verbraucherschutz, Wettbewerb und Netzausbau zu spielen. Bietet der Ausbau eines hinreichend schnellen, stabilen und sicheren Netzes die Grundvoraussetzung für die Entwicklung, zielt die Wettbewerbsregulierung auf die Sicherstellung einer hinreichenden Anzahl von Angeboten. Verbraucherschutzfragen bleiben eng mit der Frage verknüpft, wie sich die klassische Finanzdienstleistungsaufsicht angesichts der sich ändernden Marktstrukturen weiterentwickeln muss, um Verbraucherinteressen und die Stabilität des Finanzsektors sicherzustellen, ohne Innovationen etwa durch überbordende Nachweispflichten abzuschnüren.

 

 


 

 

[1]   Dincsoy (2014): Definitionen basieren auf Alliance for Financial Inclusion (2013): Guidelines Note – Mobile Financial Services: Basik Terminology, Bangkok, Thailand.
[2]   Alliance for Financial Inclusion (AFI) (2014): The state of regulation of mobile financial services in Africa, Vortrag von Klaus Prochaska auf der Globalen Fachtagung der GIZ in Bad Honnef, Juli 2014.
[3]   GSMA (2013): State of the Industry 2013 – Mobile Financial Services for the Unbanked; unter: www.gsma.com/mobilefordevelopment/wp-content/uploads/2014/02/SOTIR_2013.pdf.
[4]   African Development Bank Group (2013): Financial Inclusion in Africa, Tunis, Tunesien.
[5]   Schmidt, O. (2014): Digitalisierung und regionale Entwicklung – Fallstudie ‚Mobile Money‘ in Ostafrika, Vortrag auf dem Zukunftsdialog »Digitaler Wandel im ländlichen Raum«, Fraunhofer FOKUS, Berlin, 09/2014.
[6]   Weltbank, Consultative Group to Assist the Poor (2014): 10 Myths About »M-Pesa« 2014 Update.
[7]   The Economist (2014): The End of A Monopoly, May 10th, 2014; http://www.economist.com/news/specialreport/21601624-and-no-end-new-ways-pay-your-bills-end-monopoly.

(Letztes Abrufdatum aller Internetquellen: 16.12.2014.)