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Selbstorganisation

  Bibliographische Angaben

Selbstorganisation

Autorinnen / Autoren:
Jens Tiemann
Zuletzt bearbeitet:
Jun 2016
Titel:
Selbstorganisation
Trendthema Nummer:
20
Herausgeber:
Kompetenzzentrum Öffentliche IT
Titel der Gesamtausgabe
ÖFIT-Trendschau: Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft
Erscheinungsort:
Berlin
Autorinnen und Autoren der Gesamtausgabe:
Mike Weber, Stephan Gauch, Faruch Amini, Tristan Kaiser, Jens Tiemann, Carsten Schmoll, Lutz Henckel, Gabriele Goldacker, Petra Hoepner, Nadja Menz, Maximilian Schmidt, Michael Stemmer, Florian Weigand, Christian Welzel, Jonas Pattberg, Nicole Opiela, Florian Friederici, Jan Gottschick, Jan Dennis Gumz, Fabian Manzke, Rudolf Roth, Dorian Grosch, Maximilian Gahntz, Hannes Wünsche, Simon Sebastian Hunt, Fabian Kirstein, Dunja Nofal, Basanta Thapa, Hüseyin Ugur Sagkal, Dorian Wachsmann, Michael Rothe, Oliver Schmidt, Jens Fromm
URL:
https://www.oeffentliche-it.de/-/selbstorganisation
ISBN:
978-3-9816025-2-4
Lizenz:
Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (CC BY 3.0 DE) http://creativecommons.org/licenses/by/3.0 de/legalcode. Bedingung für die Nutzung des Werkes ist die Angabe der Namen der Autoren und Herausgeber.

Selbstorganisation ist eine treibende Kraft zum Aufbau und zur Kontrolle von komplexen technischen oder gesellschaftlichen Systemen. Ein grundlegendes Verständnis der wesentlichen Mechanismen von Selbstorganisation eröffnet neue Möglichkeiten für die Gestaltung von Technik und minimiert die Risiken ihres Einsatzes.

Selbstorganisation grenzt sich von zentraler Steuerung und chaotischem Durcheinander ab

Selbstorganisation lässt sich als übergreifendes Strukturprinzip verstehen, das sich sowohl zur Beschreibung natürlicher Prozesse bewährt hat, als auch für gesellschaftliche Gestaltung eingesetzt werden kann. Bei beträchtlicher Breite der Konzeption lassen sich übergreifende und eindeutige Charakteristika identifizieren, die sich bereits aus dem Wortstamm ergeben: selbstorganisierte Entitäten verfügen über beträchtliche Freiheitsgrade bei dem Erreichen eines Ziels, wobei Koordination von unterschiedlichen Zielen ebenso wie die Erreichung eines kollektiven Ziels möglich sind. Selbstorganisation grenzt sich dabei sowohl von zentraler Steuerung als auch von chaotischem Durcheinander ab.

Anwendungsfelder, in denen dieses Gestaltungsprinzip oftmals als normatives Gebot verstanden wird, lassen sich etwa im gesellschaftspolitischen Bereich finden. Annahme ist dabei, dass kleinere Einheiten genauer ihren eigenen Bedarf einschätzen können und effizientere Mittel für dessen Deckung finden, als dies bei zentraler Steuerung möglich wäre. Die einzelnen Einheiten vor Ort, also etwa Schulen und Hochschulen oder Vereine und Verbände, entscheiden über die konkrete Mittelverwendung, um damit die größtmögliche Wirkung zu erzielen. Notwendigkeit zur Anpassung und Komplexität der Gesamtlösung machen ein solches Vorgehen erforderlich.

Begriffliche Verortung

Netzwerkartige Verortung des Themenfeldes
Gesellschaftliche und wissenschaftliche Verortung

Selbstorganisierte technische Intelligenz und Vernetzung

Auch von komplexen technischen Systemen wird immer stärker verlangt, dass sie sich selbständig an ihre Aufgaben und an ihre Einsatzumgebung anpassen. Die dabei notwendigen Prozesse gehen weit über eine einfache Regelschleife hinaus: Autonome Systeme (siehe Drohne und Autonomes Fahren) müssen selbst in extremen Betriebssituationen noch sinnvoll und sicher reagieren und die Ausführung ihrer Aufgaben selbst bei der Veränderung ihres Einsatzgebietes autonom planen. Schlüsselelemente zum Aufbau derartiger Systeme sind Sensoren zur Erfassung der Umweltsituation sowie intelligente Algorithmen (siehe Denkende Maschinen) und kodifiziertes Wissen über Zusammenhänge. Die Grundlage bilden eine Vernetzung aller Komponenten und eine intelligente Verarbeitung der Informationen (siehe Internet der Dinge).

Zur Schaffung von Intelligenz im Gesamtsystem oder in einzelnen Komponenten kommen aus der Forschung ganz verschiedene Ansätze: es wird sowohl versucht, mit einer Vielzahl von vergleichsweise einfachen aber koordinierten Systemen eine Aufgabe zu lösen (sogenannte Schwarmintelligenz), als auch mittels Einsatz von immer leistungsfähigeren Prozessoren und Speicherumgebungen Systeme mit klar verteilten Aufgaben aufzubauen. Generell kann man aber entscheidende Beiträge der Sensorik und Aktuatorik sowie der Signalverarbeitung zuschreiben, also dem Übergang zwischen physischer und virtueller Umgebung (siehe Reale Virtualität) – Gebiete aus denen auch in Deutschland entscheidende Beiträge geleistet werden.

Themenkonjunkturen

Suchanfragen und Zugriffe auf Wikipedia-Artikel
Wissenschaftliche Publikationen und Patentanmeldungen

Folgenabschätzung

Möglichkeiten

  • Automatisierte Steuerung immer komplexerer Systeme und Infrastrukturen (siehe Industrie 4.0)
  • Vorausschauendes und schnelles Erkennen von Dysfunktionalitäten
  • Schonung von Ressourcen durch die Optimierung eines Systems an die Einsatzumgebung
  • Anpassung von technischen Systemen an komplexe menschliche Bedürfnisse (siehe Mensch-Maschine-Interaktion)
  • Realistische Einschätzung von technischen und gesellschaftlichen Steuerungskapazitäten

Wagnisse

  • Unbeherrschbarkeit von Systemen aufgrund zu großer Komplexität trotz Selbstorganisation
  • Unvorhergesehenes Verhalten und Stabilitätsprobleme in seltenen Situationen
  • Angreifbarkeit der vernetzten Systemkomponenten
  • Fehlender Überblick über Gesamtkonzeption
  • Verselbstständigung der Systeme außerhalb der Zielerreichung

Handlungsräume

Forschungsförderung

Das Gebiet umfasst sowohl Grundlagen- als auch anwendungsnahe Forschung. Wichtige Fortschritte werden auf den Gebieten der ingenieurmäßigen Softwareerstellung und Evaluation erwartet. Auf die Anwendung der daraus hervorgehenden Entwicklungswerkzeuge durch die Industrie muss hingewirkt werden.

Nutzung der Prinzipien in Systemen mit offenen Schnittstellen

Große Infrastrukturen, wie sie auch von der öffentlichen Hand betrieben oder beaufsichtigt werden, erfordern Selbstorganisation. Derartige Systeme sollten transparent auf offenen, standardisierten Schnittstellen basieren. Die Aufsicht kann regelbasiert über generelle Vorgaben und deren Monitoring wahrgenommen werden.

Unterstützung des gesellschaftlichen Technikfolgendiskurses

Autonome agierende Systeme sind faszinierend und bedrohlich zugleich. Dies erfordert eine ergebnisoffene, breite Technikfolgendiskussion eines interessierten Nutzerkreises.

Vertrauen

Die Preisgabe direkter Interventionsmöglichkeiten erfordert Vertrauen in die Angemessenheit und Zielorientierung des selbstorganisierten Systems. Erst dann ergibt sich eine Steuerungsentlastung.