Gamification
Gamification
- Autorinnen / Autoren:
- Stephan Gauch
- Zuletzt bearbeitet:
- Okt 2016
- Titel:
- Gamification
- Trendthema Nummer:
- 1
- Herausgeber:
- Kompetenzzentrum Öffentliche IT
- Titel der Gesamtausgabe
- ÖFIT-Trendschau: Öffentliche Informationstechnologie in der digitalisierten Gesellschaft
- Erscheinungsort:
- Berlin
- Autorinnen und Autoren der Gesamtausgabe:
- Mike Weber, Stephan Gauch, Faruch Amini, Tristan Kaiser, Jens Tiemann, Carsten Schmoll, Lutz Henckel, Gabriele Goldacker, Petra Hoepner, Nadja Menz, Maximilian Schmidt, Michael Stemmer, Florian Weigand, Christian Welzel, Jonas Pattberg, Nicole Opiela, Florian Friederici, Jan Gottschick, Jan Dennis Gumz, Fabian Manzke, Rudolf Roth, Dorian Grosch, Maximilian Gahntz, Hannes Wünsche, Simon Sebastian Hunt, Fabian Kirstein, Dunja Nofal, Basanta Thapa, Hüseyin Ugur Sagkal, Dorian Wachsmann, Michael Rothe, Oliver Schmidt, Jens Fromm
- URL:
- https://www.oeffentliche-it.de/-/gamification
- ISBN:
- 978-3-9816025-2-4
- Lizenz:
- Dieses Werk ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (CC BY 3.0 DE) http://creativecommons.org licenses/by/3.0/de/legalcode. Bedingung für die Nutzung des Werkes ist die Angabe der Namen der Autoren und Herausgeber.
Gamification bezeichnet den Trend, unter Einsatz von spielerischen Elementen Motivation und Handlungen von Akteuren in nichtspielerischen Kontexten und Anwendungsgebieten zu beeinflussen. Dazu werden meist Elemente eines spielerischen Wettbewerbs mit Veröffentlichung von Spielergebnissen verbunden, wie es beim Social Gaming üblich ist. Gamification kann Motivation schaffen und verstärken und so erwünschtes Verhalten sowohl innerhalb von Organisationen aber auch in der Gesellschaft wahrscheinlicher machen.
Lernspiele und Autodidaktik
Vielen Menschen fällt es ungleich leichter, sich einem animierend und zugleich entspannend empfundenen Spiel hinzugeben, statt sich als lästig empfundenen Pflichten zu widmen. Gamification setzt genau hier an und versucht den Brückenschlag durch Integration von Aspekten der Motivationspsychologie, der Spielpsychologie und von praktischen Anwendungsgebieten wie der Spieleprogrammierung. Prinzipiell können sowohl Personen zu einer Handlung motiviert (siehe Stupsen), als auch bereits vorliegendes Motivationspotential technisch unterstützt werden. Momente und Mechanismen von Spielen können dabei aus unterschiedlichen Spieletypen bezogen werden.
Meist werden jedoch solche Mechanismen eingesetzt, die direkt auf Verhalten und Transparenz der Spielergebnisse bezogen sind. Gamification-Konzepte nutzen dabei meist eine oder mehrere der folgenden Spielemechanismen: (1) das Erreichen spezifischer und klar abgrenzbarer Verhaltensresultate (»Quests«, »Missionen«, »Achievements« etc.), (2) die Schaffung quantitativer Vergleichbarkeit fortlaufender Anstrengung (»Punkte«), (3) die Möglichkeit der Kollaboration zwischen Spielern, (4) die Transparenz der Verhaltensresultate (»Punktestand«, »Toplisten«), (5) das Teilen (Sharing) von Spielständen z. B. in sozialen Netzwerken, (6) das Feedback anderer Spieler (»Bewertungen«) und (7) die Möglichkeit, kreativ Inhalte oder Missionen beizutragen (user-generated content).
Begriffliche Verortung
Ausgestaltungsoptionen
Die Ausgestaltungsoptionen eröffnen ein breites Spektrum von Anwendungsfeldern, das von Werbespielen über das Messen und Archivieren von Körperdaten und körperlichen Aktivitäten zur Selbstoptimierung (siehe Wearables) bis hin zu nahezu selbstorganisierenden Plattformen (siehe Selbstorganisation) zum Crowdsourcing reichen kann. Erste Vorläufer der IT-gestützten Gamification finden sich in unterrichts- oder inhaltsbezogenen Lernspielen und in der Autodidaktik. Der Anwendungsbereich hat sich jedoch heute sehr stark erweitert und umfasst – wenn auch sporadisch – nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens. Verstärkt wird dieser Trend durch die Möglichkeiten des Spielens auf mobilen Endgeräten und der Nutzung deren technischer Funktionen (Kamera, Netzzugang, Sensoren etc.). Zudem fördert der Trend zu leichtgewichtigen und einfachen Spielen, den »Casual Games«, die Verbreitung von Konzepten, welche sich auf einfaches und punktuelles Verhalten beziehen.
Die zunehmende Relevanz von selbstgesteuerten Lernprozessen oder der Wunsch nach mehr Interaktion zwischen Verwaltung und Bürger können treibende Kraft bei der Umsetzung von Gamification-Konzepten im öffentlichen Raum sein. Ein anschauliches Beispiel für nutzergenerierte Missionen findet sich in tourismusnahen Bereichen, bei denen touristisch interessante Routen z.B. auf Mapping-Plattformen ins Netz gestellt werden können. Jedoch muss dabei bedacht werden, dass auch Erwartungshaltungen geweckt werden. Werden Bürger in ihren Motiven durch Gamification-Ansätze unterstützt, etwa Straßenschäden aufzuzeigen, erwarten sie irgendwann eine Beseitigung dieser Mängel. Bleibt diese aus, kann dies zu negativen Bewertungen und langfristig zu Nichtnutzung oder Missbrauch führen. Gamification-Konzepte müssen daher genau auf organisatorische Möglichkeiten, Kapazitäten und Prozesse ausgerichtet werden.
Themenkonjunkturen
Folgenabschätzung
Möglichkeiten
- Verstärkung positiven Verhaltens der Bürger durch Belohnung und Veröffentlichung der Leistungen
- Aufzeigen und Bewusstmachung von Missständen und Aktivierung der Verantwortung für Gemeingüter
- Motivation von Bürgern zur spielerischen Ausübung gemeinnütziger Tätigkeiten („epic meaning") (siehe Mikroengagement)
- Bürgergenerierte Anwendungen über einfache Baukastensysteme oder Dienste könnten leichtgewichtige Spiele wie Wartezimmer- oder Staumelder ermöglichen und damit anderen Wartezeit ersparen
Wagnisse
- Zerstörung oder Verhinderung intrinsischer Motivation durch extrinsische Belohnung
- Groß angelegte Gamification-Konzepte müssen Heterogenität zwischen den Akteursgruppen beachten: Nicht jedes Spiel bereitet allen Spielern Spaß!
- Missbrauch der Spielemechanik durch opportunistisches Verhalten kann zur Demotivation anderer führen
- Begrenzte Wirkung
- Ermöglichen von Mobbing und Shaming
Handlungsräume
Verwaltungsgänge stehen nicht immer im Verdacht, Spaß zu machen. Gamification kann den Verwaltungskontakt motivieren, vereinfachen und den Nutzen transparent werden lassen.
Wie alle unterbewusst wirkenden Beeinflussungsinstrumente birgt Gamification ein beträchtliches Missbrauchspotenzial sowohl auf Seiten der Nutzerinnen und Nutzer als auch auf Seiten der Anbieterinnen und Anbieter. Diese Entwicklung gilt es zu beobachten, durch Aufklärung den Risiken zu begegnen und notfalls im Sinne des Verbraucherschutzes einzugreifen.